Cine Arab: Fokus Gaza
Mittwoch, 18. September 2024
Bei Cine Arab haben wir letzte Woche einen Fokus auf Gaza gelegt und zusammen drei Dokumentationen über Gaza angesehen. Hend Ammann, der Kuratorin von Cine Arab, war es ein tiefes Bedürfnis, den Menschen in Gaza ein Gesicht zu geben und Hintergründe aufzuzeigen.
Die erste Kurzdoku "Gazas Great March of Return protests explained" von Huthifa Fayyad erzählte in aller Kürze über die Bewegung der Freitagsproteste in Gaza, die 2018 entstanden sind, und das Ende der Blockade sowie das Recht auf Rückkehr fordert. Jeden Freitag demonstrierten Menschen friedlich entlang der Mauer.
Die zweite Doku, "Echoes of a Lost Gaza: Faded Hope" von Mariam Shaheen aus dem Jahr 2023 skizzierte ein Momentum von Hoffnung und Aufschwung in Gaza nach dem Rückzug des israelischen Militärs. Die Doku portraitierte einen Archäologen, der die Geschichte Gazas seit der Antike nachzeichnete, einen Unternehmer, der davon träumte, ein Geschäft aufzubauen,sowie einen Restaurantbesitzer, der einen Ort für Feste und Zusammenkommen in Gaza führte. Auf der Folie der aktuellen Situation war die Doku maximal bitter und unerträglich zu rezipieren.
"Gaza Fixer: Chronicle of Survival" ist eine Langzeit Dokumentation, in welcher der amerikanisch-libanesische Filmemacher George Azar über mehr als ein Jahrzehnt seinen vor-Ort-Begleiter (Fixer) Raed filmte, dessen Job es war, ausländische Reporterinnen und Journalistinnen im Gaza Streifen zu begleiten. Von dieser Arbeit ernährte er eine Großfamilie.
Wir sehen in der Doku, wie Raed die ausländischen Reporterinnen herumfährt und ihnen zerbombte Häuser zeigt, die durch das israelische Militär zerstört wurden, sie mit Betroffenen zusammenbringen. Die Doku zeigt Raed mit den Reporterinnen, wie sie zusammen politische Kundgebungen besuchen, an Beerdigungen teilnehmen, Hamas-Kämpfer*innen begegnen oder Tunnel besichtigen. Und wir erleben die Geburt seines 8. Kindes mit und sehen einen unfassbar glücklichen Mann.
Eine Zäsur stellt der Moment dar, indem wir Raed in sein Viertel begleiten, wo gerade eine israelische Bombe eingeschlagen hat, die 18 seiner Familienmitglieder tötete sowie die Familienhäuser zerstörte. Ein Versehen, wie wir später erfahren. Die Doku endet vor dem 7. Oktober.
Im Anschluss an den Film konnten wir mit George zoomen: Großzügig hat er über 1,5 Stunden sein historisches und politisches Wissen über Gaza mit uns geteilt, alle unsere Fragen zu der Dokumentation und seiner Entstehungsgeschichte beantwortet und aus seiner vor Ort-Perspektive den aktuellen Krieg eingeordnet. Wir haben erfahren, dass Raeds jüngster Sohn im aktuellen Krieg von einem Schrapnell getroffen wurde und gestorben ist. Raed lebt wohl noch.
Danke an Alaa von Anuras Elefant, der für unser leibliches Wohl gesorgt hat und einen veganen palästinensischen Eintopf für alle gekocht hat.