AFRO-DEUTSCHE GESCHICHTE

Workshop mit Katharina Oguntoye und Jasmin Eding am Sa 16.2., 9-11 Uhr

Der Workshop erweckte großes Interesse. Mehr als 40 Personen nahmen teil, mindestens 10 Personen entschieden sich spontan aufgrund der Größe der Gruppe zu einem anderen Workshop zu gehen. Die Gruppe war sehr heterogen, junge und ältere Leute, die sich mehr oder weniger mit der Thematik von strukturellem Rassismus in der Gesellschaft auseinandergesetzt hatten, etwa 10 PoC. Es gab eine große Mehrheit an Frauen*.
Trotz der Größe und Heterogenität der Gruppe schafften die beiden erfahrenen und inspirierenden Referentinnen eine vertrauliche Stimmung und förderten durch das Teilen ihres Wissens und ihrer persönlichen Erfahrungen einen produktiven Austausch. Katharina Oguntoye ist Mitbegründerin der ISD – Initiative Schwarze Menschen in Deutschland sowie der Initiative Adefra – Schwarze Frauen in Deutschland und hat maßgeblich zur Entstehung einer organisierten Schwarzen Gemeinschaft sowie zur Formulierung eines Schwarzen feministischen Standpunktes in Deutschland beigetragen. Sie wurde während des Symposiums mehrmals von Schwarzen Frauen als Vorbild und Vorreiterin genannt. Jasmin Eding ist seit den Anfängen bei Adefra aktiv.
In dem Workshop wurden zum einen kurze Blitzlichter und komplexes Wissen in Bezug auf afrodeutsche Geschichte wiedergegeben. Dadurch wurde greifbar, wie wenig diese Geschichte in der Gesellschaft thematisiert wird und sichtbar ist – wie dadurch Menschen unsichtbar gemacht werden, was es für die Positionierung von Schwarzen Menschen in der Gesellschaft bedeutet, wie notwendig Änderungen diesbezüglich sind, insbesondere bei der Geschichtslehre in der Schule. Erwähnt wurde u.a.: Die Kolonialgeschichte und Initiativen, sowohl von afrikanischen Vertreter*innen als von auch Afro-Deutschen, von der deutschen Kolonialmacht Zugeständnisse und Anerkennung ihrer Rechte zu bekommen; Widerständler*innen der 1900‘ Jahre; Situation und (immer mehr verschwindende) Rechte der Afrodeutschen und Angehörigen der ehemaligen Schutzgebieten Deutschlands um die 30er und 40er; die Geschichte von Schwarzen Kindern in der Nachkriegszeit, die teilweise frei zur Adoption in die USA gegeben wurden, und die Arbeit im Nachhinein, aber auch die aktuellere Geschichte.
Zum anderen wurden persönliche Erfahrungen darüber geteilt, welche Bedeutung Orte der Wissensproduktion aus dem Standpunkt von PoC und Räume zum Austausch und Benennung der Rassismus-Erfahrungen, die manchmal offensichtlich, manchmal aber auf subtile Art und Weise wirken, für die eigene Positionierung in der Gesellschaft und das Empowerment haben. Über die Bedeutung des Buches „Farbe bekennen“, das zur Identitätsfindung und Benennung von Realitäten beiträgt, die Bedeutung der Begegnung mit Audre Lorde, die sich Anfang der 80er Jahre in Deutschland, die Wichtigkeit von Vorbildern und Identifikationsbildern, die Gründung der Initiative ADEFRA – Schwarze Frauen Deutschland wurde erzählt. Jasmin Eding betonte unter anderem, wie wichtig es für sie war, einen Ort zu haben, wo ihre Erfahrungen plötzlich nicht mehr auf ihre Person oder Befindlichkeiten reduziert wurden, wo diese Lebensrealitäten einen Platz im gesellschaftlichen Kontext bekamen, anerkannt und mit anderen geteilt wurden, wo es Wörter und Sprache dafür gab.

Wie an mehreren Momenten während der Tagung , unter anderem am ersten Abend bei der Keynote von Tupoka Ogette, wurde mir noch sehr deutlich, wie die reflektierten Erfahrungen der Personen, die in der Gesellschaft von Rassismus betroffen sind und somit Realitäten erfahren, die der Mehrheit der Gesellschaft erspart bleibt, Wissen ist. Dieses Wissen kann weder durch Studiengänge erschlossen oder über Diplome bestätigt werden und erfährt oft nicht die Anerkennung, die es haben soll. Gerade dieses Wissen ist unentbehrlich, um die Reflexionen für die Entwicklung einer effektiven rassismuskritischen Gesellschaft voranzutreiben und sollte viel mehr Raum bekommen und in den Prozessen einbezogen werden. Ein großes Dankeschön an den beiden Referentinnen, für deren tollen Inputs sowie deren wohlwollenden und sehr informativen Eingehen auf Fragen.

Die Website von ADEFRA findet ihr hier, zusammen mit Lesetipps zum Thema.

Isabelle Francois