Die Deutsch-Togoische Beziehung zwischen 1884 und 1945
Workshop mit Jonas Billy und Claude Keil am Samstag 16.2., 9-11 Uhr
Wieso galt Togo als die „Musterkolonie“ der Deutschen, deren Kolonialherrschaft im westafrikanischen Land mit einem Schutzvertrag begann? Und was bedeutet überhaupt „Schutzvertrag“? Wie sah das Leben unter den Deutschen aus und wie prägte die etwa 30-jährige Periode des deutschen Kolonialismus das westafrikanische Land? Diesen Fragen und ihren Antworten widmete sich der Workshop DIE PEITSCHE, Instrument zur Schaffung der Musterkolonie Togo. Die Deutsch-Togoische Beziehung zwischen 1884 und 1945 mit dem Archivar und Historiker Jonas Bakoubayi Billy, und Claude Keil, dem Vorsitzenden des „Freundeskreis Afrika“ in Schwäbisch-Hall und Referenten und Trainer des dortigen entwicklungspolitischen Schulaustausch-Programms.
In ihrer Einführung zur kolonialen Geschichte des heutigen Togo erläuterten Keil und Billy den Beginn und die Entwicklungen der europäischen Einflussnahme im Land. Im Juli 1884 unterzeichneten Dr. Gustav Nachtigal und einige Oberhäupter der Küstendörfer der heutigen Republik Togo einen sogenannten Schutzvertrag. Billy wies auf die Ambiguität des Konzeptes von „Schutz“ hin: Dieser Vertrag sollte nämlich die einheimische Bevölkerung vor den anderen europäischen Machthabern „schützen“, welche sich zur gleichen Zeit im Land befanden. In erster Linie sicherten diese Verträge daher die Gebietsansprüche der Deutschen. Während des „Scrambles for Africa“ – dem Wettlauf um Afrika – kam es durch den Konkurrenzkampf der europäischen Kolonialmächte dazu, dass in manchen Orten gleichzeitig verschiedene europäische Flaggen wehten. Im Falle des heutigen Togos setzte sich Deutschland durch und übernahm die Herrschaft über das flächenmäßig kleine Land mit damals etwa einer Millionen Einwohner*innen – und beherrschte es „mustergültig“ mit nur 350 deutschen Kolonialisten vor Ort, so Billy. Als „Musterkolonie“ wurde Togo gehandelt, da die Kolonialherrschaft im Vergleich zu anderen Kolonien relativ friedlich verlief und sie wirtschaftlich rentabel war, d.h. sich quasi selbst finanzierte. Ein Grund dafür lag darin, dass in Togo eben keine zusätzlichen Kosten durch Kriege anfielen – dieser vorbildliche Frieden ist allerdings nicht auf die Fügsamkeit der afrikanischen Bevölkerung zurückzuführen, sondern er wurde durch die Gewaltherrschaft der Deutschen erzwungen. Ein prominentes Hilfsmittel und Instrument der Deutschen war die Peitsche.
Nach dieser theoretischen Einführung mit einem regen Wechsel aus Fragen und Antworten haben die Teilnehmenden die Herrschafts- und Regierungsformen der Deutschen genauer unter die Lupe genommen. In einer interaktiven Auseinandersetzung mit historischen Dokumenten – in Form von Gerichtsprotokollen – konnten die Teilnehmenden einen augenöffnenden Einblick in das deutsche Unrechtsregime bekommen.
Ein Buch zum Thema von Jonas Billy, „Musterkolonie des Rassenstaats: Togo in der kolonialpolitischen Propaganda und Planung Deutschlands 1919-1943“, findet man etwa hier bei der Jos Fritz Buchhandlung, oder auch in einer örtlichen Universitätsbibliothek. Eine Rezension und weitere Infos gibt es hier bei Freiburg Postkolonial. Hier ist die Website des Vereins „Freundeskreis Afrika“ in Schwäbisch-Hall.
Julia Rensing