DEKOLONISIERUNG des Wissens und (Re)Produktion kolonialen Wissens in Freiburg

Panel mit Manuela Boatcă und Nausikaa Schirilla am Samstag 16.2., 14:30-16 Uhr

Als Teil des Symposiums „Dear White People: Visionen einer postrassistischen Gesellschaft“ hatte dieser Workshop das Ziel, die Reproduktion rassistischer und kolonialer Strukturen durch Wissenssysteme zu beleuchten. Im Workshop wurden zwei Themen vorgestellt, denen eine rege und interessante Diskussion seitens der Teilnehmer*innen folgte.
Im ersten Teil des Workshops arbeitete Frau Nausikaa Schirila die Dominanz der europäischer und nordamerikanischer Perspektiven in der Domäne der Forschung und Hochschulbildung und eine mangelnde Einbeziehung und die Diskriminierung anderer Zugänge auf diesem Gebiet heraus. Der Kolonialismus manifestierte sich nicht nur durch politische, sondern auch durch kulturelle Dominanz, die auf der Überzeugung basiert, dass es Völker gibt, die anderen überlegen sind. Der Kolonialismus ist also ein Machtsystem, das sich auf eine spezifische Denkweise stützt. Diese Denkweise spiegelt sich nach wie vor auch im Bildungssystem wider. Um dieses Problem anzugehen, muss die Produktion des Wissens dekolonisiert werden, indem das Wissen von marginalisierten Gruppen einbezogen wird. Die Dekolonisierung des Wissens besteht darin, das Monopol des westlichen Denkens durch einen offenen Zugang für andere Formen des Wissens zu durchbrechen. Allerdings sollte auch die Art und Weise, wie man die Welt versteht und wie man Forschung betreibt, mehrdimensional betrachtet werden. Was von einigen Anthropolog*innen als "indigenes Wissen" bezeichnet wird, sollte ernst genommen und ebenso wie andere Wissensquellen betrachtet werden.
Prof. Dr. Manuela Boatcă, Soziologin an der Universität Freiburg legte in ihrem Vortrag den Schwerpunkt auf rassistische und kolonialistische Gedanken in der Wissensproduktion an der Universität Freiburg. „Amerika kommt aus Freiburg“: Diese Aussage basiert auf der Tatsache, dass Martin Waldseemüller, ein deutscher Kartograph, als erster den Namen "Amerika" auf einer Weltkarte erwähnte, wenn nicht sogar erfand. Handelt sich hier um rassistischen oder imperialistischen Gedanken? Diese vermeintlich unschuldigen Fehler sind auch in Marx Webers Denken, genauer gesagt in seiner Erkenntnistheorie und seinem politischen Denken, zu beobachten. Die Art und Weise, wie Max Weber die verschiedenen Völker beschreibt, offenbart berüchtigte Spuren des Rassismus. In wie weit ist die Webersche Soziologie eine universelle Wissenschaft, wenn sie Spuren des Rassismus in sich trägt? Was man als "unschuldigen Fehler" bezeichnen kann, hat zu den wissenschaftlichen Grundlagen, d. h. den rationalen Rechtfertigungen für Kolonialismus und westlichen Imperialismus beigetragen.

Persönlicher Kommentar
Das Problem kolonialen Wissens und des Rassismus besteht heute noch, sowohl in akademischen als auch in anderen Institutionen. Rassismus basiert auf dem Gedanken, dass Menschen nicht gleich sind, dass es einige gibt, die intelligenter, schöner und fleißiger sind als andere. Diese Gedanken werden im Unterricht von klein auf durch Schulunterlagen und Comics reibungslos weitergegeben, wenn es darum geht, andere Völker zu beschreiben. Plakate auf der Straße oder in Geschäften verstärken auch rassistische Gedanken (siehe z.B. die Werbung auf einem H&M-T-Shirt "the coolest monkey in the jungle"), die zu Demonstrationen in Südafrika und damit zur Schließung einiger H&M-Läden in Südafrika geführt hat. Rassismus in der Wissensproduktion in akademischen Einrichtungen manifestiert sich nicht nur in der Reproduktion westlicher Denkmuster, sondern ganz explizit auch in der Wahl der Forschungsthemen, die durch Professuren und/oder Forschungsfördereinrichtungen ausgewählt werden und in der Monopolisierung von Lehrpersonal. Die führenden Forscher*innen und Professor*innen, die sich etwa mit Afrika beschäftigen, sind immer noch westlich, während es auch viele afrikanische Forscher*innen mit internationalen (westlichen) universitären Karrieren gibt. Um dieses Problem anzugehen, sollte die interuniversitäre Zusammenarbeit gefördert werden, die es afrikanischen Professor*innen und Forscher*innen ermöglicht, nicht nur im Westen zu forschen, sondern auch an den Universitäten zu lehren.

Déogratias Maruhukiro